Die Trommlergruppen
Trommelklang von früh bis spät...
Trommler und das Rutenfest
Zum Bild des Rutenfests zählen besonders die verschiedenen Trommlergruppen. Trommeln kündigen das Fest schon Wochen vorher an.
Ihr Klang kommt aber nicht aus dem inneren Stadtgebiet, sondern von den abseitigen Außenbezirken: aus der Höll und dem Hirschgehe, von St. Christina und dem Rahlenwald. Dort üben die verschiedenen Trommlerkorps der Schulen schon im Mai die Melodien ein, die sie zum Festprogramm benötigen.
Die Trommlergruppen wirken nämlich nicht nur beim Festzug und anderen Anlässen mit, sondern haben einen ausgedehnten »Fahrplan« des Antrommelns zu bewältigen, der jeweils hundert und mehr Namen von Nachbarn und befreundeten Familien und von Schulfreundinnen enthält.
Diese sogenannten Antrommel-Adressen, sind aber nicht etwa eine Erscheinung der Neuzeit, vielmehr wurde das Antrommeln nach der Überlieferung schon um die Mitte des 17. Jahrhunderts praktiziert.
Auf dieser Seite wollen wir Ihnen die unterschiedlichen Trommlergruppen etwas genauer vorstellen.
Rutentrommler
Die Ravensburger Rutentrommler sind die traditionsreichste und älteste dieser Trommlergruppen, wurden sie doch schon 1685 in den Protokollen des Rates der Freien Reichsstadt Ravensburg erwähnt.
Vom Altersdurchschnitt her hingegen sind die Rutentrommler die jüngste Gruppe: Sie bestehen aus 36 Schülerinnen und Schülern aller Ravensburger Schulen ab Klasse 7.
Seit 1992 nehmen die Ravensburger Rutentrommler als einzige Trommlergruppe Mädchen auf.
Anfangs waren sie als Volksschultrommler bekannt, später als Hauptschultrommler, und seit der Schulreform im Jahr 2011 sind sie nun die Ravensburger Rutentrommler.
Die Tradition der Rutentrommler:
Zusammen mit der Gruppe der Oberstköniginnen und Oberstfähnriche halten die Ravensburger Rutentrommler die älteste noch lebendige Tradition aus der Anfangszeit des Rutenfests aufrecht.
Schützentrommler
Die Schützentrommler, im Volksmund auch als Schütros bekannt, wurden im Jahr 1968 gegründet. Charakteristisch für sie ist der spitze Hut aus grünem Filz, der Teil ihres traditionellen Kostüms ist.
Ein Jahrgang der Schützentrommler setzt sich zusammen aus Fahnenschwingern, Oberschützen, Vortrommlern, Chortrommlern und Basstrommlern. Die beiden Führungsämter innerhalb der Schützentrommler sind der Schützenoberst und der Tambourmajor.
Teilnahmeberechtigt sind Schüler der 8., 9. und 10. Klasse der Realschule Ravensburg und der Realschule St. Konrad.
Eine der zentralen Aufgaben der Schützentrommler ist die Eröffnung des Bogenschießens am Rutenmontag.
Fahnenschwingergruppe des Bildungszentrums St. Konrad
Im Jahr 1979 wurde für Schüler des Bildungszentrums eine eigene Gruppe gebildet mit der Idee von Spielmannszügen bei Schützenfesten aus dem 16. Jahrhundert. Es entstand eine Gruppe mit Trommlern, Pfeifern und Fahnenschwingern mit historischen Kostümen und Fahnen mit Wappen der früheren Freien Reichstädte Ravensburg, Leutkirch, Lindau, Memmingen, Reutlingen, Überlingen, Ulm und Wangen.
Markant sind die farbenfrohen Kostüme mit Kniebundhosen, bunten Kniestrümpfen, gestreiften Jacken mit weißen Halseinsätzen bei den Trommlern und Pfeifern oder weißen Hemdblusen mit ärmellosen Lederwesten bei den Fahnenschwingern. Ein besonderes
Kennzeichen ist das federgeschmückte Barett in allen drei Gruppen.
In der Fahnenschwingergruppe können Schüler aus allen drei Schularten des Bildungszentrums St. Konrad ab der achten Klasse bis zum Abschluss der Schule teilnehmen. Damit verbunden ist die Beteiligung an allen drei Schießwettbewerben der einzelnen Schularten wie Wappenschießen, Bogenschießen und Adlerschießen.
Aufgrund der vorhandenen Kostüme, Instrumente, Wappenfahnen sowie weiterer Ausstattung können bis zu 9 Trommler, 13 Pfeifer und 10 Fahnenschwinger mitwirken. Ein Vortrommler, Vorpfeifer und Vorschwinger bilden ein verantwortliches Team für die Gruppe und bereiten die Teilnehmer etwa sechs Monate vor dem Rutenfest auf die Aufgaben und Auftritte beim Ravensburger Schüler- und Heimatfest vor.
Turmfalken
Die Turmfalken, auch Tufas genannt, wurden 2022 gegründet und sind somit die erste weibliche Trommelgruppe in der Geschichte des Rutenfests.
Mit weißer Leinenbluse sowie blauer Weste und Hut, sind sie in den Farben der Heimatstadt gekleidet.
Der charakteristische Klang, eine wechselnde Auswahl von zeitgemäßen Liedern, setzt sich zusammen aus Basstrommeln, Trommelpfeifen sowie den Chalumeaux, ein Holzblasinstrument.
Neben dem musikalischen Teil der Gruppe, existiert in jedem Jahrgang noch ein fünfköpfiges Leitungsteam, bestehend aus den drei Begleiterinnen sowie einer blauen und einer weißen Schwingerin.
Mit den 16 Gründerinnen waren zunächst nur Schülerinnen der drei städtischen Gymnasien, von der 10. und 11. Klasse teilnahmeberechtigt. Mittlerweile wurde der Kreis der Schulen allerdings auf das Bildungszentrum Kolping sowie das Bildungszentrum St. Konrad erweitert und die Anzahl der Aktiven pro Jahrgang auf 27 Schülerinnen aus den Klassenstufen 10 bis 13 erhöht.
Gemeinsam mit den anderen Trommlergruppen der Gymnasien bereichern sie die Vielfalt der Ravensburger Tradition.
Am Rutenfest selbst trommeln sie an privaten Adressen an und nehmen wie ihre männlichen Kollegen an öffentlichen Anlässen wie der Eröffnung des Rutenfests am Lederhaus, dem Rutenraus, dem Rutenvergraben oder dem Festzug teil. Am Adlerschießen eröffnen sie gemeinsam mit den Adlerschützinnen das Schießen der Frauen und sorgen zusammen mit den Landsknechten für die Sicherheit des Events.
Landsknechte
Die Landsknechte sind eine Schülertrommlergruppe, auch ‚Alte Spohngruppe‚ genannt. Sie werden aus den Schülern der 11. Klasse der drei städtischen Ravensburger Gymnasien gewählt. Die Landsknechte repräsentieren zusammen mit dem Trommlerkorps der Gymnasien und den Turmfalken die drei städtischen Gymnasien am Rutenfest.
Während des Rutenfestes ziehen die Landsknechte in ihren Renaissance-Kostümen als Trommler, Pfeifer und Armbrustschützen (auch „Landsknechte vom Troß“ oder einfach „Latscher“ genannt) durch die Stadt. Auch am großen Festzug am Rutenmontag wirken sie mit. Am Rutendienstag versuchen die Ravensburger Gymnasiasten beim Adlerschießen mit heute über 1000 Armbrustschützen den Reichsadler seiner Insignien zu berauben. Sobald der Reichsapfel fällt, steht der Schützenkönig fest. Da die Landsknechte traditionell das Schießen eröffnen, gelingt es ihnen immer wieder, den Schützenkönig zu stellen.
Im folgenden Jahr wählen die Landsknechte aus Ihrer Mitte einen Fahnenschwinger und zwei Begleiter, die die ‚jungen‘ Landsknechte unterrichten und anleiten und daher noch einmal als Landsknechte auftreten dürfen. Sie sind an der goldenen bzw. silbernen Borte an ihrem Hut zu erkennen. Alle anderen Landsknechte sind ab sofort „Ehemalige“.
Die ehemaligen Landsknechte verfolgen das Schicksal ihrer Nachfolger mit großem Interesse. Sie greifen den „Buaba“ (so werden die aktiven Landsknechte liebevoll von den Ehemaligen genannt) unter die Arme, besuchen die Proben und freuen sich gemeinsam auf das Rutenfest, an dem sie den Jungen zujubeln können. Besonders groß ist die Freude bei den Ehemaligen natürlich, wenn der Schützenkönig ein Landsknecht ist.
Trommlerkorps der Ravensburger Gymnasien
Das Trommlerkorps ist von den heute existierenden Trommlergruppen neben den Rutentrommlern die älteste und traditionsreichste Trommlergruppe. Die älteste bekannte Erwähnung datiert aus dem Jahr 1865.
Das Trommlerkorps der Ravensburger Gymnasien ist eine Trommlergruppe, die sich aus Oberstufenschülern von sieben Ravensburger Gymnasien zusammensetzt und aus 34 aktiven Mitgliedern besteht.
24 der 34 Mitglieder werden jährlich neu durch die männlichen Oberstufenschüler der sieben Gymnasien gewählt. 12 Schüler davon werden Jungtrommler und 12 davon Chargen, welche die Schulen mit Fahnen am Rutenfest repräsentieren. Weitere sieben Schüler, welche demokratisch aus dem Trommlerkorps des Vorjahres gewählt werden, bestehen aus 4 Vor -Trommlern und 3 Zugführern.
Die Führungsriege der Oberchargen , die in der Regel 3 Jahre dabei mitwirken, besteht aus dem Rutenhauptmann, dem Adjutant und dem Tambourmajor. Die Wahlen dafür finden rund ein halbes Jahr vor dem Rutenfest statt.
Das Trommlerkorps organisiert und führt eigenverantwortlich zwei Kernveranstaltungen des Rutenfestes durch, die – neben dem Festzug – wesentlich den Charakter des Festes ausmachen:
Zum einen ist dies das Adlerschießen am Rutendienstag. Die Organisation des Schießens für die Jungen und Mädchen sowie die eigentliche Durchführung am Rutenfest obliegen dem Trommlerkorps. Von der Öffentlichkeit wird hierbei oftmals übersehen, dass dieses eines erheblichen zeitlichen und organisatorischen Aufwandes durch das Trommlerkorps bedarf.
Zum anderen veranstaltet das Trommlerkorps immer am Donnerstag nach dem Rutenfest den Trommlerball, der in der Lokalpresse schon öfters als ein gesellschaftlicher Höhepunkt des Jahres bezeichnet wurde. Bei diesem Anlass bringt das Trommlerkorps zusammen mit ihren Tanzpartnerrinnen Trommel- und Tanzdarbietungen zum Besten.
Muntprattrommler
Die Muntprattrommler, gegründet im Jahr 2004, sind benannt nach Lütfried Muntprat, auch bekannt als der „Große Muntprat“.
Er war eine bedeutende Persönlichkeit in der Geschichte Ravensburgs und beteiligte sich ab dem Jahr 1410 an der Großen Ravensburger Handelsgesellschaft.
Die Kostüme der Gruppe sind jeweils handgefertigt aus hochwertigen Materialien, wie sie auch damals zum Einsatz kamen. Auch die Stiefel sind aus Leder handgefertigt. Die Trommeln sind typische ehemalige Landsknechtstrommeln.
Neben dem Rutenfest repräsentieren sie durch Teilnahme an z.B. Landesfestumzug Baden-Württemberg, Cannstatter Wasen oder Schützenzug München die Ravensburger Stadtgeschichte über die eigenen Stadtgrenzen hinaus.
Dudelsackgruppe Mehlsäcke
Die Dudelsackgruppe Mehlsäcke, liebevoll auch einfach Mehlsäcke genannt, wurde im Jahr 1985 gegründet.
Obwohl der schottische Dudelsack in Oberschwaben keinen historischen Hintergrund hat, hat sich das Instrument schnell etabliert. Warum? Weil es einfach leichter ist, einen Dudelsack zu bekommen als eine historische Sackpfeife. Und seien wir ehrlich, klingen tun sie sowieso fast gleich!
Die Mehlsäcke bestehen aus 18 Dudelsackträgern und 10 Trommlern.
Bei den Trommlern gibt es eine klare Hierarchie: 3 von ihnen betätigen die kleinen schweren Rührmaschinen, 3 spielen die großen schnellen Wäschertrommeln und 4 bearbeiten die langsameren Trommeln.
Übrigens, der Begriff ‚Wäscher‘ kommt von „Hineinwäschen“ oder „Hineinhauen“ – eine sehr treffende Beschreibung für die energiegeladene Art, wie sie ihre Trommeln spielen.
Neue Spohngruppe
Die „Neue Spohngruppe“ trat erstmals 1965 im Rahmen der Erweiterung der Welfengruppe des großen Rutenfestzuges am Rutenmontag in Erscheinung.
Trommler und Fahnenschwinger tragen Kostüme, die denen des 17. Jarhhunderts nachgebildet sind, die Gala-Uniformen. Sie wurden von Karl Spohn, Ehrenbürger der Stadt Ravensburg und letzter Spross der Ravensburger Familie, die ihrer Heimatstadt bereits das Konzerthaus und das Spohn Gymnasium geschenkt hatte, gestiftet. Da diese Uniformen nur zum Festzug getragen werden dürfen, war für die Neue Spohngruppe in den ersten Jahren ihres Bestehens das Trommeln nach dem Festzug beendet.
Aus diesem Grund kreirten die Mitglieder der damaligen Gruppe ein zweites Kostüm: Landsknechthose und weißes Hemd.
Von der Rutenfestkommission erhielt die „Neue Spohngruppe“ 1967 die Lizenz zum Antrommeln. Anfangs wurden nur altehrwürdige Trommelmärsche getrommelt. Im Laufe der Jahre kamen viele neue, zeitgemäße Stücke dazu.
Die Gruppengröße variiert zwischen 17 – 24 Mitglieder und besteht aus vielen ehemaligen Schülertrommler aller Gruppen, aber auch Mitglieder, die in ihrer Schulzeit bei keiner Trommlergruppe waren.
Die Neue Spohngruppe ist offen für alle männlichen Ravensburger die Lust aufs Trommeln und das Rutenfest haben. Einzige Voraussetzung ist, dass die Neuzugänge bei Eintritt noch keine 30 Jahre alt sind.